Juso-Konzept für den Landkreis Dachau
Angebotsorientiert planen, statt auf Nachfragen warten! – Alternativen zu privaten PKWs können nur attraktiv gestaltet werden, wenn wir proaktiv neue Wege denken und planen und uns nicht auf dem „Warten nach Nachfrage“ ausruhen. Dies muss künftig oberste Maxime politischer Entscheidungen sein.
Radverkehr:
Die bestehenden Radwege im Landkreis und der Stadt Dachau stellen noch kein attraktives Gesamtangebot dar. Oftmals sind sie unvollständig, sodass man mehrmals Teilstücke ohne Radwege überwinden und in diesen Bereichen auf die Straße ausweichen oder auf Gehwegen schieben muss. Nicht immer ist die Wegeführung der Fahrradwege sinnvoll und zusammenhängend. Am Bahnhof, am Fuße der und in der Dachauer Altstadt sowie in Einkaufsbereichen wie der Münchner Straße in Dachau sind die Fahrradständer oft nicht in ausreichender Zahl vorhanden und/oder zu nah und dicht gestellt, so dass nicht genügend Kapazitäten zum Abstellen der Räder bleibt. Im Landkreis enden an Gemeindegrenzen Radwege oft im Nirgendwo, sodass keine durchgängige Verbindung vorhanden ist, ein Beispiel ist der fehlende Radweg zwischen Kleinschwabhausen und Hilgertshausen oder zwischen Dachau-Himmelreich und Bergkirchen-Neuhimmelreich.
Positiv zu begrüßen sind Projekte wie das im Bau befindliche Fahrrad-Parkhaus am Dachauer Bahnhof oder die verbesserte Situation am Indersdorfer Bahnhof, an dem mittlerweile überdachte Radständer zur Verfügung stehen.
- Landkreis und Stadt müssen bei allen Straßenprojekten konsequent Radwege mitplanen und umsetzen mit dem Ziel einer flächendeckenden Erschließung des Radwegenetzwerkes, wo auch immer sinnvolle Radwege nötig sind.
- In den stadtnahen Gemeinden muss über das Konzept der Radschnellwege nachgedacht wegen, durch das querungsfreie Radkorridore einen schnellen Anschluss an den ÖPNV ermöglichen.
- Bahnhöfe und zentrale Einkaufsbereiche müssen sich zu Mobilitätsstationen entwickeln, an denen ausreichend Fahrradständer, Ladesäulen für E-Bikes und bestenfalls auch Leihfahrräder (Bsp. MVV-Bikes) zur Verfügung stehen. An den Mobilitätsstationen können auch Fahrrad-Pump-Stationen oder sogenannte „Fahrrad-Werkzeugsäulen“ einen zusätzliches Service-Angebot sein. Alte Fahrradständer sollen schrittweise durch neue Modelle ersetzt werden, die keine „Felgenkiller“ mehr sind und ausreichend Seitenabstand zwischen den Rädern gewährleisten.
- Radwege und Abstellbereiche z.B. am Bahnhof müssen bei Dunkelheit ausreichend beleuchtet sein um allen Verkehrsteilnehmern eine sichere Benutzung zu ermöglichen. Gleiches soll für Bushaltestellen gelten.
- Aktionen, die die Attraktivität des Fahrradfahrens unterstützen, müssen gefördert werden. So könnte die Stadt Dachau nach dem Vorbild der Stadt Bozen einen autofreien Fahrrad-Tag einführen.
- Beschilderungen der Radwege müssen deutlicher erkennbar und regelmäßiger sein.
- Radwege müssen konsequent auf Fahrbahnhöhe angelegt werden, damit die Radfahrer im Sichtfeld der Autofahrer sind und nicht zu nah an den Fußgängern fahren müssen.
- Wenn Fahrradwege in beide Fahrtrichtungen freigegeben sind, müssen sie ausreichend breit sein, sodass zwei Fahrräder aneinander vorbei fahren können.
Straßenbau und motorisierter Individualverkehr:
Dem Landkreis fehlt es an einem interkommunal geplanten Verkehrs- und Straßenkonzept, bei dem Umgehungsstraßen nicht nur von Dorf zu Dorf gedacht werden, sondern Verkehrsströme ganzheitlich und über Gemeinde- und Landkreisgrenzen hinaus gedacht werden. Gleichzeitig nehmen zu viele Bürger –oftmals alleine- den Pkw, weil alternative Verkehrsangebote nicht attraktiv genug sind. Wir beobachten auch ständig, dass PKW nur ein bis zwei Insassen haben. Außerdem müssen „Flickenteppiche“, wie z.B. die viel befahrene Ortsdurchfahrt Langenpettenbach, endlich angegangen und neuasphaltiert werden.
- Es muss einen politischen Konsens geben, dass der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs Vorrang vor weiterem Straßenausbau haben muss. Nur so können wir ÖPNV und Radverkehr attraktiver machen und als echte Alternativen zum eigenen PKW etablieren.
- Umgehungsstraßen und Verkehrswege müssen künftig immer interkommunal über Gemeinde- und Landkreisgrenzen hinaus gedacht und geplant werden.
- Wo Busspuren eingerichtet werden, sollen diese auch als Car-Sharing-Lines zur Verfügung stehen.
- Stadtwerke, andere kommunale Unternehmen und Verwaltungen könnten Car-Sharing-Angebote mit Elektroautos als Service anbieten.
- Neue Mitfahrportale sind zu entwickeln, die das Busangebot v.a. auf dem Land ergänzen. Eine Idee wäre ein „Mitfahrportal von A nach B/ vom Land zur Stadt“, bei dem Anhalterpunkte oder Haltestellen geschaffen werden, an denen man auf Mitfahrgelegenheiten warten kann und an denen Privatpersonen Mitfahrer aufgabeln können. Ergänzt werden kann dies durch das System eines „Vertrauensausweises“, bei dem sich Mitfahrer und Mitnehmer vorab anmelden können und durch das Sicherheit garantiert werden kann: Eine durch das Landratsamt vergebene Prüfnummer garantiert gleichzeitig Anonymität und Identifizierbarkeit.
- Regionale Online-Portale und Hotlines zur Koordinierung von Mitfahrportalen sind zu unterstützen und auszubauen.
- Elektromobilität bei PKW muss schon im kommunalen Bereich gefördert werden. Zielsetzung muss sein, Ladestationen flächendeckend zu etablieren. Parkplätze an Ladestationen sollen für Elektroautos zeitlich unbegrenzt und kostenfrei nutzbar sein.
Busverkehr:
Im Landkreis, vor allem im Hinterland fern von S-Bahnstationen, gibt es an zu vielen Tageszeiten wenig bis gar keine Busverbindungen. Gleiches gilt oftmals für das Wochenende und die Ferienzeiten. Im Bus- und Schienennetz fehlt es an Querverbindungen, beispielsweise zwischen Röhrmoos und Indersdorf, zwischen Haimhausen und Röhrmoos oder zwischen Odelzhausen und Indersdorf. Es fehlt auch an attraktiven Busverbindungen in die Nachbarlandkreise, wie z.B. nach Fürstenfeldbruck oder Freising.
- Das Busangebot darf sich nicht nur an den Schulzeiten orientieren. Um den Busverkehr auch am Land attraktiv zu machen, müssen zu allen Tages- und Nachtzeiten, sowie am Wochenende und in Ferienzeiten Linien fahren (5-22 Uhr) oder anderweitige Angebote zur Verfügung stehen.
- Querverbindungen zwischen den bestehenden Linien müssen etabliert werden, um die Lücken im Netz zu schließen. Außerdem müssen Busverbindungen in die Nachbarlandkreise stärker in den Blick genommen werden.
- Die Qualität der Busverbindungen spiegelt sich nicht nur in Taktung und Linienführung wieder. Der Landkreis und die Stadt als kommunale Auftraggeber müssen auch sicherstellen, dass Lohndumping und unqualifizierte Kräfte nicht aus kommunalen Geldern subventioniert werden. Ausschreibungen sollen deswegen künftig vorschreiben, dass den Busfahrern mindestens Tariflohngezahlt wird.
- Bestehende ergänzende Angebote wie AST und Ruftaxis müssen weiter ausgebaut und bekannter werden. Zu überlegen ist auch, ob das MVV-Taxi oder das Konzept der Bürgerbusse eine mögliche Alternative wäre.
- Busse müssen an Ampeln Vorrangschaltung haben um Fahrtzeiten zu verkürzen.
- Neue Linien sollen mit Kleinbussen etabliert werden. Dies ist kostengünstiger und ermöglicht eine Verbesserung des Angebotes, durch das sich die Nachfrage steigert. Kleinbusse sind zudem in Engbereichen wie der Dachauer Altstadt vorzuziehen um den Verkehrsfluss nicht zu behindern. Mögliche Kapazitätsengpässe neuer Kleinbuslinien können durch eine höhere Taktung ausgeglichen werden.
- Siedlungs- und Wohngebiete in S-Bahn-Nähe sollten gezielt durch Express-Linien an die Bahnhöfe angebunden werden um die Bewohner zum Umstieg auf den ÖPNV zu animieren.
- Alle Busse sollten künftig barrierefrei zugänglich sein. Neuanschaffungen sollen ausschließlich Niederflurwägen sein. Alte Busbestände müssen Schritt für Schritt, aber zügig ausgetauscht werden. Auf jeder Linie muss mindestens einmal pro Stunde ein barrierefrei zugänglicher Bus fahren. Dies muss gesondert im Fahrplan und Online-Angeboten vermerkt werden. Alle Bussen sollen zudem langfristig im Stadtbereich auf Elektro- oder Hybrid-Betrieb umgerüstet werden.
- Es muss einen politischen Konsens geben, dass bei Busverkehr und ÖPNV nicht Gewinne, sondern ein bestmögliches Angebot Zielsetzung sind. Defizite sind zwar zu vermeiden, aber ein Nullsummenspiel ist nicht verwerflich.
- Zu prüfen ist, inwieweit das Konzept eines kommunalen Bus-Eigenbetriebes eine Alternative für den Landkreis ist. Ausschreibungen könnten damit besser gesteuert, Angebote leichter und schneller verbessert und gemeindeübergreifende Zusammenarbeit gefördert werden.
- Wichtige und oft genutzte Linien sollten durch Expressbusse ergänzt werden, die schnelle Verbindungen zu Bahnhöfen und anderen zentralen Orten schaffen.
- Dachau braucht außerdem einen Flughafen-Bus,um die Anbindung zu verbessern.
S-Bahn und Zugverbindungen:
Das bestehende App-Angebot ist benutzerfreundlich und begrüßenswert. Um Dachau als Studenten-Vorstadt attraktiver zu machen, ist das MVV Angebot in bestehender Form nicht ausreichend genug. Ein Beispiel ist hier das lange Loch zwischen letzter und erster S-Bahn in der Nacht. Die eigentlich mittlerweile gute Taktung der S-Bahnen ist auch durch nahezu tägliche „betriebsbedingte Zugausfälle“ quasi nicht existent und torpediert. Das Tarifsystem ist zudem mehr als unübersichtlich. Als Kurzstrecken gelten bei Bussen vier Stationen innerorts, bei S-Bahnen zwei. Und die hohen Preise (Streifenzahlen) verhindern weitere Attraktivität für das Hinterland jenseits Dachau.
- Busanbindungen müssen besser mit der Taktung der S-Bahnen und Züge synchronisiert sein, sodass Anschlusswartezeiten möglichst kurz sind (max. 10 Min.) und die Attraktivität des ÖPNVs dadurch steigt.
- Das Nachtangebot, kann kurzfristig durch einen „Partybus“ vom Münchner Hauptbahnhof nach Dachau verbessert werden.
- An Wochenenden sollte ein durchgehender S-Bahnverkehr von mindestens einmal pro Stunde die ganze Nacht über gewährleistet sein. Dachau kann damit als „studentische Vorstadt“ massiv an Attraktivität gewinnen.
- Um den Anschluss an die S-Bahnen im Nachtbereich zu gewährleisten soll ein „Fifty-Fifty-Ticket“ oder Jugendtaxitarif eine günstige Taxinutzung für Jugendliche und Auszubildende/Studenten ermöglichen.
- Express-S-Bahnen, die ab Obermenzing nicht über die Stammstrecke bis zum Hauptbahnhof fahren, könnten das Angebot ergänzen.
- Tangential-Bus-Verbindungen sollen die bestehenden S-Bahn-Arme verbinden und den unnötigen S-Bahnverkehr bis Laim oder Pasing abfangen.
- Mittelfristig muss dringend der DB-Nordring für den S-Bahnverkehr nutzbar gemacht werden.
- Azubis, Schüler und Studenten müssen im ganzen MVV-Gebiet einen Anspruch auf ein günstigeres Ticket haben, unabhängig von der Beförderungszuständigkeit (Landkreis oder MVV) und des Fahrtweges zur Ausbildungsstätte. In diesem Sinne ist natürlich auch ein dauerhafter Erhalt des Semestertickets unumstößlich.