Die Jusos haben sich am Sonntag an einer Gedenkveranstaltung in der KZ-Gedenkstätte anlässlich des 80. Jahrestages der sogenannten Reichspogromnacht beteiligt. Am Denkmal des unbekannten Häftlings vor dem Krematoriumsgebäude fand eine Kranzniederlegung statt. Unter den etwa 100 Anwesenden waren auch die Grüne Fraktionschefin Katharina Schulze und der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 gipfelten eine Pogromwelle, die den Übergang von der Diskriminierung zur systematischen Verfolgung der Juden markierte. Unter Anleitung der Nationalsozialisten wurden fast alle Synagogen im Deutschen Reich zerstört, jüdische Geschäfte geplündert und etwa 400 Juden ermordet. Bankvermögen wurden beschlagnahmt und damit die Finanzierung der deutschen Kriegswirtschaft gesichert. 30000 Juden wurden unmittelbar in Konzentrationslager eingesperrt, davon kamen 11000 nach Dachau. Nur wenige von ihnen überlebten den Holocaust.
Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, war sechs Jahre alt, als sie die Novemberpogrome miterlebte. In ihrer Rede am Sonntag zeigte sie sich bestürzt über die Entwicklungen der letzten Jahre. Ihre Hoffnung ist es, dass die junge Generation die Erinnerung an die NS-Diktatur aktuell halten wird, wenn die Zeitzeugen es einmal nicht mehr können. [https://www.youtube.com/watch?v=6kKKwXgkCgQ]
Die Gedenkveranstaltung in Dachau, die wie seit 60 Jahren von der DGB-Jugend organisiert wurde, stand in diesem Jahr unter dem Titel „Erinnern heißt kämpfen“. Tatsächlich war die Erinnerung an die Verbrechen der NS-Diktatur nach 1945 dauerhaft ein umkämpftes Thema. Glücklicherweise ist es dank des unermüdlichen Engagements von Überlebenden und der Arbeit gerade von politisch linken Gruppen mittlerweile üblich, dieses Kapitel der deutschen Geschichte als Katastrophe zu sehen. Doch die deutsche Erinnerungspolitik ist wieder unter Beschuss von Rechts und wird umkämpft bleiben. Deswegen ist es wichtig, dass „Nie wieder“ nicht zu einer leeren Floskel wird, die ritualisiert an wenigen Tagen im Jahr gedacht wird, sie muss uns das ganze Jahr hindurch bewusst sein.
Einen neuen Völkermord müssen wir zwar noch lange nicht fürchten, aber Nationalismus und Rassismus haben momentan in ganz Europa Aufwind, nicht nur am Rande der Gesellschaft. Antisemitische Gewalttaten nehmen heute wieder stetig zu. Vor diesem Hintergrund und aus der deutschen Geschichte heraus ergibt sich für uns die Verantwortung, in der Gesellschaft einen antifaschistischen Konsens auszubauen und zu verteidigen. Antifaschismus bedeutet nicht nur, rechtsradikale Gruppen zu beobachten und gegen sie zu demonstrieren, genauso wichtig ist es, im Alltag Haltung gegen jede Form von Diskriminierung zu zeigen. Antifaschismus bedeutet auch, auf Familie, Freunde und Kollegen aufzupassen, damit sie sich nicht mit unmenschlichen Ideologien radikalisieren. Wenn ihr jemanden kennt, der/die sich in antifeministische YouTube-Videos oder Verschwörungstheorien verstrickt oder alltäglichem Neorassismus verfällt (welcher anhand von Kulturen ausgrenzt, nicht mehr nach Ethnien), seid wachsam!